Dienstag, 2. April 2013

[Anleitung] Ganzgewebeband

Da wir in einer der vorhergehenden Anleitung einen Buchblock hergestellt haben, machen wir uns jetzt daran, daraus ein Buch zu machen. Wie man daraus einen Halbgewebeband macht, habe ich ja bereits gezeigt. Heute erkläre ich, wie man einen Ganzgewebeband hestellt. Dazu brauchen wir:
  • Buchbinderleinen oder Bibliotheksleinen
  • Graupappe 1,5 mm oder 2 mm
  • Schrenzpappe
  • Packpapier
  • Kaschierleim (wir verwenden hierzu Elasta N von Planatol)
  • (Leim-)Pinsel
  • Cutter
  • Lineal
  • Falzbein
  • 2 Bretter
  • 4 Schraubzwingen
Sollten irgendwelche Begriffe nicht ganz klar sein, dann sollten sie im Glossar zu finden sein. Falls nicht könnt Ihr aber auch einen Kommentar hinterlassen, ich werde mich dann bemühen, alle Unklarheiten zu beseitigen. Auch bei anderen Fragen solltet Ihr Euch nicht scheuen, nachzufragen.

Zunächst muss man die Deckel für die Einbanddecke zuschneiden. Dazu misst man die Höhe des Buchblocks ab und gibt 6 mm (3 mm Kante oben und 3 mm Kante unten) zu. Das ist die Höhe der Deckel. Für die Breite misst man die Breite des Buchblocks ab der (Falz-)Kante, die durch das Abpressen entstanden ist, und gibt hier 3 mm zu. Das ist die Breite der Deckel. Man kann auch den Buchblock auf die Graupappe entsprechend auflegen und die Kanten per Augenmaß zugeben. Dabei liegt die (Falz-)Kante auf der Kante der Graupappe. Als nächstes schneidet man die Deckel mit Cutter und Lineal zu oder bedient sich dazu einer Pappschere. Mit einem Streifen Papier, den man um den Rücken des Buchblocks legt, kann man dessen Dicke abmessen. Nun schneidet man einen Streifen Schrenzpappe in der Dicke des Buchblocks und der Höhe der Buchdeckel abzüglich eines Millimeters als Rückeneinlage zu. Als letztes schneidet man ein Stück Packpapier so zu, dass es in der Breite die Breite der Rückeneinlage plus etwa 5 cm hat und in der Höhe minimal kürzer als diese ist.

Zugeschnittene Teile für die Decke

Hat man nun alle Teile passend geschnitten, dann kann man das Packpapier dünn aber gleichmäßig mit Leim bestreichen. Nach kurzer Quellzeit (eine halbe Minute reicht hier vollkommen) legt man die Rückeneinlage mittig auf den Packpapierstreifen, wobei man am unteren Ende Kante auf Kante legt. Als nächstes legt man den einen Deckel an der unteren Kante etwa 8 bis 9 mm von der Rückeneinlage entfernt an. Der zweite Deckel wird gegenüber in der selben Weise angesetzt. Dabei soll der Abstand eher etwas größer sein, als zu klein, denn ist der Abstand zu klein, dann lässt sich das Buch später nur schwer öffnen.

Die zusammengesetzte Decke von beiden Seiten
Bis hierhin waren noch alle Schritte gleich denen bei der Halbdecke (ich geb's zu, der Text ebenfalls). Hat man bei der Halbdecke an dieser Stelle das Gewebe abgemessen, so muss man bei der Ganzdecke nun nach dem Trocknen des Leims, was etwa eine Stunde dauert, den Rücken der Decke runden, indem man die Rückeneinlage mit etwas rundem (z.B. die runde Seite vom Falzbein) in ein Rundeholz oder mit der Hand auf ein Rohr drückt. Dabei muss die Seite mit dem Packpapier in jedem Fall innen liegen.

Runden des Rückens der Buchdecke
Auf dem Bild ist der Halbgewebeeinband zu sehen, beim Ganzgewebeband geht das Runden des Rückens aber absolut identisch, nur dass er noch nicht mit Leinen bezogen ist. Nun kann man den Buchblock so in die Einbanddecke legen, dass der obere und untere Rand gleich sind und der Buchblockrücken am Rücken der Einbanddecke anliegt. Man markiert sich den vorderen Rand für beide Deckel so, dass die dortige Kante gleich breit wird, wie die beiden Kanten an Ober- und Unterseite. Nun kann man die Deckel mit Lineal und Cutter auf ihr endgültiges Maß schneiden.

Anpassen der Decke an den Buchblock
Als nächstes schneidet man das Leinen so zu, dass an allen vier Seiten der Decke etwa 1,5cm Leinen überstehen.

Zuschnitt des Buchbinderleinens
Nun bestreicht man das Leinen auf der Rückseite dünn aber gleichmäßig mit Kaschierleim und legt es mit dem Leim nach oben auf den Tisch. Nach kurzer Einweichzeit von etwa einer halben Minute nimmt man die Decke zur Hand. Dabei legt man sie so zusammen, dass sie die Form eines Z ergibt, damit man nun einen Deckel auf das Leinen auflegt, wobei an den drei Außenseiten je 1,5cm Leinen überstehen sollen, und die Decke wöglichst gerade auf dem Leinen liegen soll.

Ansetzen der Buchdecke auf das Leinen
Nachdem man vielleicht etwas korrigiert hat, und der Deckel richtig liegt, drückt man diesen an, hebt die Decke an, dreht diese um, wobei das Leinen so umgebogen sein sollte, dass es nur auf einem Deckel aufliegt und legt die Decke mit der Pappe nach unten auf den Tisch, wobei man Schmutzpapier oder einen sauberen Karton unterlegen kann.

"Umgebogenes" Leinen
Nun drückt man das Leinen auf der Seite beginnend, auf der es bereits auf dem Deckel haftet, mit dem Falzbein in die Kante zwischen Buchdeckel und Packpapier. Als nächstes drückt man das Leinen ebenfalls mit dem Falzbein in die Kante zwischen Packpapier und zweitem Deckel. Nun streicht man das Leinen mit der Kandkante auf den zweiten Deckel, wobei man es mit der zweiten Hand etwas vom ersten Deckel wegzieht, damit man eine saubere Kante am Rand des Deckels, der zum Rücken zeigt, erhält. Man kann diese Kante auch vorab mit dem Falzbein etwas andrücken, wobei man auch mit der zweiten Hand das Leinen etwas auf Zug hält. Zuletzt kann man noch die Kanten der Rückeneinlage vorsichtig mit dem Falzbein nachziehen. Nun dreht man die Decke um, sodass die Pappeseite nach oben liegt und schneidet die überstehenden Ecken des Leinens in einem 45°-Winkel so ab, dass noch 3 bis 4 mm (in jedem Fall mehr, als die Pappendicke) überstehen.

Abgeschnittene Leinenecken
Nun schlägt man erst die langen Seiten (Ober- und Unterkante des späteren Buchs) nach innen ein, indem man mit Daumen und/oder Handballen mehrmals über die Kante reibt. Um das Leinen am Rücken sauber einzuschlagen, drückt man es mit dem Falzbein auf die Rückeneinlage bzw. das Packpapier. Nun kneift man mit dem Daumennagel das an der Ecke überstehende Leinen zum Innern des Buchs ein und schlägt das Leinen an den Vorderkanten des Buchs nach innen, wieder indem man mit Daumen und oder Handballen mehrmals über die Kante reibt. Man kann nun auf der Vorderseite am Rücken nochmals die Kanten etwas mit dem Falzbein nacharbeiten.

Die fertige Buchdecke von beiden Seiten
Die folgenden Schritte sind wieder die gleichen, wie bei der Halbdecke. Nachdem der Leim getrocknet ist, was nach weiteren 1,5 bis 2 Stunden der Fall sein sollte, legt man den Buchblock so in die Decke, wie er später darin eingeklebt wird, legt das Buch zwischen zwei mit Gewichten beschwerten Brettern ab und lässt es einen halben Tag, besser über Nacht so liegen. Als nächstes legt man den Buchblock auf den Tisch neben ein Brett, das idealerweise so dick ist, wie das Buch. Nun klappt man den Deckel auf, wobei man darauf achtet, den Buchblock nicht zu verschieben. Das oberste Blatt des Buchblocks bestreicht man dünn aber gleichmäßig mit Leim. Auch auf den Deckel streicht man ganz dünn Leim, geht dabei aber bei weitem nicht bis zum Rand (ich versuche meist, nur die Graupappe zu bestreichen, die nicht bezogen ist). Nach kurzem Einweichen (etwa eine halbe Minute) hält man mit einer Hand den Buchblock fest und schlägt mit der anderen vorsichtig den Buchdeckel zu. Nun drückt man den Deckel etwas an. Hält man das Buch vor sich auf Augenhöhe, kann man Deckel und Buchblock noch minimal gegeneinander verschieben, im Idealfall ist dies jedoch nicht nötig. Nach erneutem festem Andrücken des Deckels verfährt man mit der Rückseite des Buches analog. Hat man nun beide Deckel angepappt, dann nimmt man dünnen Karton zur Hand und schiebt jeweil ein Stück zwischen die Deckel und den Buchblock (damit sich beim folgenden Pressen die Linien von Einband, Heftband und Schirting nicht durchdrücken). Das so präparierte Buch legt man zwischen zwei Bretter, die man mit Vier Schraubzwingen (eine an jeder Ecke des Buchs) zusammenpresst.

Pressen des Buchs
Nach ein oder zwei Minuten entfernt man die Schraubzwingen und entnimmt das Buch. Nun schlägt man vorsichtig den oberen Deckel auf. Man kann nun Leim, der eventuell hervorgequollen ist, wegwischen. Auch eventuell entstandene Falten im Vorsatz (mir ist das am Anfang auch ständig passiert) kann man mit der runden Seite des Falzbeins glatt streichen. Ist der Karton verschmutzt, dann legt man ein neues Stück in das Buch. Mit der Rückseite des Buchs verfährt man ebenso. Nach diesem Arbeitsgang legt man das Buch wieder zwischen zwei Bretter und beschwert diese mit Gewichten.

Trocknen des Buchs unter Gewicht
Am besten lässt man das Buch nun über Nacht trocknen. Am nächsten Tag kann man die Bretter mit den Gewichten wegnehmen und die Kartonstücke entfernen und hält einen fertigen selbstgebundenen Ganzgewebeband in Händen.

Das fertige Buch
Ich hoffe, auch diese Anleitung hat Euch gefallen. Auf diesen Anleitungen aufbauend werde ich noch verschiedene Dinge erklären (mir fallen da spontan z. B. noch leinenbezogene Buchecken oder auch Halblederbände ein). Auch andere Anleitungen aus dem Bereich der Buchbinderei werden sicherlich mit der Zeit folgen. Über Euer Feedback würde ich mich freuen, insbesondere bin ich an Euren Ergebnissen sehr interessiert. Hinterlasst doch einfach einen Kommentar.

Bis bald

Euer Bücheronkel

7 Kommentare:

  1. hallo Bücheronkel,
    vielen dank für deine schöne anleitung!
    wie schaffst du es die papiere und Stoffe immer perfekt bis an den Rand einzuleimen? wenn ich es so machen würde, wäre mein arbeitsplatz total versaut und ich hätte sorge, dass der leim auch an die falsche seite gelangt. denn das papier oder der stoff ist nie perfekt fixiert...
    schöne grüße!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo, ich antworte mal anstelle meines Blogpartners.
      Um Papier bis zum Rand einzuleimen, ohne den Arbeitsplatz mit einzuleimen, legt man Schmierpapier unter, das größer ist als das Stück, das eingeleimt werden soll. Das Schmierpapier kann man hinterher entsorgen und der Tisch ist noch sauber. :)
      Außerdem fixiert man das Papier oder das Leinen mit einem oder zwei Finger der freien Hand und trägt den Leim mit dem Pinsel sternförmig von der Mitte ausgehend gleichmäßig auf. Immer schön von der Mitte in Richtung der äußeren Kante, so kann nichts verrutschen und es gerät auch kein Leim auf die Außenseite des Papiers oder des Stoffs. :)

      Ich hoffe, das hilft weiter. Liebe Grüße, Gerdi

      Löschen
  2. Hallo,
    ich habe ein buch gebunden und habe als einband dünnes filz verwendet. dafür habe ich die hier beschriebene methode verwendet. leider ist filz stark saugend und der leim ist durch das filz durch gegangen und hat die sanfte oberfläche damit zerstört.
    ich habe anstelle dessen dann sprühkleber ausprobiert, den ich auf die pappe gesprüht habe, anstelle auf den filz. dies ging super, doch mag ich sprühkleber nicht.
    habt ihr erfahrung mit durchlässigen und stark saugenden stoffen, wenn man sie als einband verwendet?
    vielleicht indem man den leim auf die pappe, anstatt auf den stoff / das filz schmiert und ihn erst etwas antrocknen lässt, damit er nicht durchnässt?
    schöne grüße

    AntwortenLöschen
  3. Hallo, vielen Dank für deine Frage.
    Ich selbst habe bisher noch keinen Filz zum Einbinden eines Buches verwendet, aber dünnen Baumwollstoff. Hier hat man im Prinzip das gleiche Problem, dass der Leim sich durch den Stoff drückt und Flecken macht. Um dies zu verhindern, kann man den Stoff selbst kaschieren, so dass er am Ende wie Buchbinderleinen eine Papierseite hat. Dazu benötigt man dünnes Chinapapier, das etwas größer ist als der Stoff, der kaschiert werden soll. Das Papier wird gleichmäßig eingeleimt und der Stoff darauf geklebt. Zum Trocknen eignet sich eine glatte Oberfläche, ich nutze dazu gern meine Balkontür und befestige den kaschierten Stoff an den überstehenden Papierecken auf der Scheibe. Ob das auch mit Filz funktioniert, kann ich leider nicht sagen, da ich es noch nicht ausprobiert habe. Du könntest es mal mit einem Testobjekt versuchen.
    Liebe Grüße, Gerdi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. verstehe.
      warum braucht man die glatte - vertikale - fläche (in deinem fall die balkontür). warum lässt man nicht einfach das dünne papier mit dem draufgeleimten stoff auf dem tisch trocknen?
      LG

      Löschen
    2. Natürlich kann man das Papier auch auf dem Tisch trocknen lassen, allerdings lässt es sich vertikal besser straff aufhängen, außerdem blockiert der kaschierte Stoff dann nicht zwei Tage lang meinen Esstisch. :) An der Glasscheibe ist der Stoff auch sehr gut getrocknet. Außerdem greifen Feuchtigkeit und Leimrückstände Glas nicht so sehr an wie eine Holzoberfläche, das Glas war hinterher auch ganz einfach zu reinigen.

      Liebe Grüße,
      Gerdi

      Löschen
  4. Vielen Dank für die verständliche Anleitung. Ich habe damit erfolgreich ein altes Buch restauriert und neu eingebunden. Es wird nicht das letzte bleiben. Dankeschön !!! Gruß Kerstin

    AntwortenLöschen

Wenn du auf diesem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in unserer Datenschutzerklärung (https://lost-im-papierladen.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google (https://policies.google.com/privacy?hl=de).

Die Sicherheitsabfrage dient zur Reduzierung von Spam-Kommentaren und ist leider unumgänglich, da sich sonst leider zu viel Spam anhäuft. Wir bitten um Verständnis.

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...