French Linked Stitch ohne Bänder, Variante 2 |
Es ist garantiert keine komplett neue Erfindung meinerseits und vielleicht hat diese Art der Technik ihre ganz eigene Bezeichnung - ich für meinen Teil konnte nur Bilder und gelegentliche Hinweise dazu finden und musste daher zusätzlich selbst ein wenig herumtüfteln, wie ich den French Linked Stitch, der meist über Bänder geheftet wird, die an den Buchdeckeln befestigt sind, auch ohne Bänder an Buchdeckeln befestigen kann. Ich möchte euch heute gerne zeigen, wie ich das gemacht habe.
Sollte in meiner Anleitung der eine oder andere unbekannte Begriff dabei sein, könnt ihr ja mal in unserem Glossar vorbeischauen. Da haben wir viele spezifische Wörter rund um's Buchbinden schon erklärt. Und falls doch noch etwas unklar bleibt, freue ich mich über eure Fragen in den Kommentaren.
ein Buch Variante 1 |
French Linked Stitch meets Coptic Stitch
Man nehme:
Papier für den Buchblock
(hier: 24 Blatt, 9x15 cm,170 g/m²
8 Blatt Origami-Papier 9x15 cm)
8 Blatt Origami-Papier 9x15 cm)
Graupappe 1,5 bis 2 mm dick
(Motiv-)Papier zum Einbinden und Kaschieren der Buchdeckel
Buchbinderzwirn, Garn, o.ä. (nicht dicker als ca. 1 mm)
Buchbinderleim, z.B. Elasta N
Buchbinderleim, z.B. Elasta N
Ahle
Buchbindernadel
Lineal
Cutter
Falzbein
Das Vorgehen:
Lineal
Cutter
Falzbein
Das Vorgehen:
Schritt 1: Wir bereiten zuerst die Buchdeckel vor. Zur Bestimmung der Größe der Deckel bereiten wir uns schon mal eine Lage des Buchblocks vor (siehe Schritt 2). Hier habe ich die Deckel 2 - 3 mm breiter zugeschnitten als das Papier, man kann die Deckel aber auch auf die gleiche Größe zuschneiden.
Wie das Beziehen der Deckel mit Papier funktioniert, könnt ihr im ersten Teil der Anleitung für die koptische Bindung nachlesen.
Nachdem ihr die Deckel mit dem Papier eurer Wahl bezogen habt, empfehle ich, die Deckel zwischen zwei Brettern mit etwas Gewicht beschwert zuerst trocknen zu lassen (am besten über Nacht), bevor ihr Löcher hineinstecht und weiter damit arbeitet.
Schritt 2: Nun bereiten wir unseren Buchblock vor. Hierfür habe ich bei meinen hier gezeigten Büchern je drei Blatt Papier und ein Blatt Origami-Papier übereinander gelegt und in der Mitte gefalzt, das nennt man eine Lage. Insgesamt habe ich je 8 Lagen vorbereitet.
Wichtig: Man falzt mit der Laufrichtung des Papiers, da es sich so leichter falzen lässt. Mehr zum Thema Laufrichtung und wie man diese bestimmt, könnt ihr z.B. HIER oder auch HIER nachlesen.
Anmerkung: Wieso habe ich Origami-Papier verwendet? Weil es bunt ist und ich dem Buchrücken so einen interessanten Look geben wollte. Außerdem sieht man das Papier auch beim Aufschlagen des Buches innen. :) Muss man aber nicht so machen, ihr könnt auch einfach je vier Blatt von einem schlichten weißen Papier für die Lagen verwenden.
Origami-Papier bei jeder Lage ist optional |
Schritt 3: Als nächstes brauchen wir eine Vorlage zum Vorstechen der Löcher, wie ihr das auch evtl. schon für die koptische Bindung kennt. Bei dieser Art der Bindung ist es aber wichtig, eine gerade Anzahl an Löchern zu verwenden (bei der koptischen Bindung ist es egal). Wir nehmen ein Blatt Papier wie das, das wir für die Lagen verwendet haben, falzen es ebenfalls in der Mitte und markieren nun unsere Löcher. Ich habe für meine Bücher hier 6 Löcher verwendet.
Wir stechen mit einer Ahle die Löcher vor. Mit dieser Vorlage können wir nun alle Lagen nacheinander vorstechen: Vorlage in die Mitte legen und mit der Ahle die Löcher durchstechen.
Anmerkung: Ich achte darauf, dass ich die Vorlage immer in derselben Richtung einlege und dass sie immer bündig mit der unteren Kante der Lage abschließt, damit die Löcher in allen Lagen an derselben Stelle sind (kleinste Abweichungen können sich schon bemerkbar machen).
In meiner Anleitung für ein einfaches Heft mit Rückenstichheftung erkläre ich in Schritt 1 bis 4 ebenfalls das Falzen und Vorstechen von Papier.
Schritt 4: Wenn die Deckel durchgetrocknet sind, stechen wir auch hier mit Hilfe der Vorlage die Löcher vor, aber mit einer ganz wichtigen Änderung: In den Deckeln brauchen wir die äußersten Löcher der Vorlage nicht, wir stechen in die Deckel also zwei Löcher weniger vor!
Schritt 4 (Klick auf's Bild macht groß) |
Wir legen die Vorlage mit der offenen Kante bündig an die äußere Kante des Deckels und möglichst mittig zwischen oberer und unterer Kante. An der Kante, die später am Buchrücken sein wird, sollte also ein Abstand von ca. 3 mm zum Rücken der Vorlage sein. Wenn ihr wie ich 6 Löcher habt, dann stecht ihr nun die vier mittleren Löcher (die äußersten nicht!) durch den Deckel - siehe Abbildung links. Habt ihr z.B. 8 Löcher, dann die sechs mittleren Stechen, usw. Habt ihr ein Motiv gewählt, das eine Richtung hat, dann achtet auf die richtige Richtung eures Motivs.
Ich empfehle, die Löcher durch die Deckel von außen nach innen zu stechen, da der Karton sich immer ein wenig in Richtung des Stechens wölbt und das außen am Deckel doof aussieht, wenn man von innen nach außen sticht. Falls ihr unsicher seid, ob ihr versteht, was ich meine, dann probiert beide Richtungen an einem Test-Deckel aus und nehmt die Variante, die euch am besten gefällt.
Schritt 5: Nun schneiden wir unseren Faden zurecht. Wir brauchen für jede Lage und jeden Deckel ungefähr die Höhe des Buchrückens, in meinem Fall also 8x Lagen und 2x Deckel. Damit der Faden auf jeden Fall reicht, gebe ich immer noch 2x die Höhe des Buchrückens dazu, ich brauche also 12x diese Höhe für die Länge des Fadens. Anschließend den Faden in die Buchbindernadel einfädeln.
Schritt 6: Wir nehmen die erste Lage zur Hand und stechen von außen nach innen durch das erste Loch. Durchziehen und ca. 5 cm Faden aus dem Loch herausschauen lassen, den brauchen wir gleich zum Verknoten.
Schritt 7: Wir führen den Faden nun weiter durch das zweite Loch von innen nach außen und nehmen unseren hinteren Buchdeckel zur Hand, den wir unter die Lage legen. Wir führen den Faden aus dem zweiten Loch durch das Loch im Buchdeckel, das auf derselben Höhe liegen sollte, und zurück in das zweite Loch der Papierlage. Der Faden bildet jetzt also eine kleine Schlaufe um die Kante des Buchdeckels.
Schritt 8: Mit Loch 3 bis 5 genauso verfahren.
Schritt 9: Von Loch 5 führen wir den Faden in der Papierlage durch Loch 6 nach außen, nehmen die zweite Lage auf und stechen hier nun in das erste Loch.
Schritt 10: Vom ersten Loch aus geht es nun einfach abwechselnd von außen nach innen durch alle Löcher bis zum letzten Loch.
Schritt 11: Wenn wir aus dem letzten Loch der 2. Lage kommen, verknoten wir nun den Faden mit dem Stück, das aus dem Loch der 1. Lage heraushängt.
French linked stitch (Klick auf's Bild macht groß) |
Kettle stitch (Klick auf's Bild macht groß) |
Übersicht mehrere Lagen |
Schritt 14: Nun folgen wie zuvor wieder mehrere French Linked Stitches, am letzten Loch ein kettle stitch.
Dies setzen wir bis zur VORletzten Lage genauso fort. Siehe auch Abbildung links.
Schritt 15: Wenn wir bei der letzten Lage angekommen seid, führen wir den Faden nach dem kettle stitch in das erste Loch und aus dem zweiten wieder heraus. Nun nehmen wir den oberen Deckel und führen den Faden durch das Loch auf derselben Höhe und wieder zurück in das zweite Loch, wie in Schritt 7.
Schritt 16: Löcher 3 bis 5 werden wie Loch 2 ausgeführt.
Schritt 17: Beim letzten Loch führen wir den Faden von innen nach außen, machen einen kettle stitch und gehen durch das gleiche Loch wieder nach innen in die Lage. Dort wird der Faden nun an dem bereits vorhandenen Faden verknotet und gekürzt.
Schritt 18: Nun kürzen wir noch den Faden am ersten Knoten ganz zu Beginn des Buches. Um den Knoten besser verstecken zu können, kann man das überstehende Ende des Fadens auch in das erste Loch nach innen ziehen und dort noch einmal verknoten und den Faden kürzen.
Varianten:
Mit der obigen Anleitung könnt ihr ein Buch herstellen, das im Prinzip aussieht wie das, das ich euch bereits als [Handmade book of the month] im Mai gezeigt habe:
Hier wurden für den Buchblock 10 Lagen mit je 4 Blatt Papier (12x21 cm, ca. 100 g/m²) in einer Größe von ca. 10x21 cm verwendet. Es wurden 6 Löcher in die Lagen vorgestochen, je 4 vier Löcher in die Buchdeckel.
Die anderen drei Bücher, die ich hier zeige, weichen wie oben und unten beschrieben ein klein wenig davon ab.
Variante 1 |
Variante 1: Wer genau hingeschaut hat, wird festgestellt haben, dass zwei meiner hier gezeigten Bücher keine Buchdeckel bekommen haben. Ich habe stattdessen vorne und hinten etwas kräftigeres Papier (hier waren es alte Kalenderbilder) in derselben Größe wie das Papier für den Buchblock in der Mitte gefalzt und wie eine normale Lage behandelt. Man erspart sich also die Vorbereitung für die Buchdeckel. Beim Heften beginnt man nun von außen nach innen durch das erste Loch der ersten Lage (hier dann das Kalenderblattpapier) und folgt ab Schritt 10 meiner Anleitung oben. Die letzte Lage ist bei mir wieder das grüne Kalenderblatt und wird aber genauso geheftet wie die Lagen zuvor auch, also auch mit French Linked Stitch und kettle stitch am Ende. Das Verknoten wird wie zuvor beschrieben durchgeführt.
Variante 1 |
Der Nachteil dieser Variante ist natürlich die geringe Stabilität. Außerdem war meine Wahl der Kalenderblätter nicht ideal, die Löcher reißen leicht ein. Man sollte also vorsichtig arbeiten und beim straff Ziehen der Fäden nicht zu fest ziehen.
Variante 2 |
Variante 2: Und wer nochmal genau hingeschaut hat, wird bemerkt haben, dass der Faden bei den Buchdeckeln dieses Buches bei den beiden mittleren Löchern nicht außen um die Kante führt, sondern geradewegs über den Deckel. Diese Variante ist ganz einfach: wenn ihr in Schritt 8 aus Loch 3 der Lage herauskommt, führt ihr den Faden von innen nach außen durch das Loch des Deckels auf derselben Höhe. Anstatt zurück in Loch 3 zu stechen, führt ihr den Faden direkt zum nächsten Loch des Deckels, stecht von außen nach innen durch und geht nun in Loch 4 der Lage. Das war auch schon die ganze Variante, die ihr beim zweiten Deckel später wiederholt.
Variante 2 |
Ich hoffe, meine Anleitung hat euch gefallen. Es gibt ganz viele Variationen und Gestaltungsmöglichkeiten mit dieser Technik, also lasst eurer Kreativität freien Lauf. Falls ihr noch mehr Anregungen braucht, findet ihr noch mehr Anleitungen zum Buchbinden in unseren Tutorials.
Wenn ihr Lust habt, dann zeigt mir doch eure fertigen Bücher und ich pinne sie an meine Pinnwand bei Pinterest. :)
Bis bald,
eure Gerdi
Das sieht ganz und gar großartig aus, muss ich unbedingt probieren! Wir werden am Montag die Sommerpost für dieses Jahr vorstellen und eure Anleitung zur koptischen Bindung verlinken, aber diese passt auch ganz wunderbar in unser Konzept, noch geheim... Montag mehr. Ganz liebe Grüße
AntwortenLöschenMichaela
Das klingt sehr spannend, ich freu mich drauf. Für die Frühlingspost fehlte mir leider ein wenig die Zeit, aber vielleicht bin ich bei der Sommerpost auch mal wieder dabei.
LöschenHallo liebe Basteltante,
AntwortenLöschenich bin ganz zufällig hier über deinen tollen Blog gestolpert und freue mich sehr so viele schöne Arbeiten betrachten zu dürfen.
Buchbinden lernen steht auf meiner Liste von den Dingen, die ich unbedingt in meinem Leben noch machen will ;)
Ich habe gerade zu den Varianten Japanische Bindung, Koptische Bindung eine Frage. Demnächst werde ich für ein Jahr ins Ausland gehen. Ich plane Reisetagebuch und Zeichentagebuch zu führen, außerdem verwende ich ein Bullet Journal. Ich mag es auf Reisen kleine schmale Hefte zu kaufen und diese vor Ort mit Leben zu füllen, einzig A5 müssen sie alle sein. Nun Frage ich mich, kann man am Ende diese Hefte alle zusammenbinden? Das müsste doch theoretisch gehen, wenn sie nicht zu dick sind, oder, auch wenn sie vllt unterschiedliche Papiersorten und Stärken aufweisen? Das würde mir gefallen, denn dann hätte ich am Ende aus meinem Sammelsurium ein fertiges Buch.
Liebe Grüße,
Lisa alias Thymiantinte
Hallo Lisa,
Löschenich denke auch, dass das mit Heften gehen müsste, auch wenn sie vom Material her ein wenig unterschiedlich sind. Solange sie dieselbe Größe haben, sollte das eigentlich gehen. Bei einer japanischen Bindung wäre natürlich der Nachteil, dass du die Hefte nicht mehr ganz aufschlagen kannst, mit einer koptischen Bindung wäre das weiterhin gewährleistet. Was aber auch funktionieren würde, wären z.B. Heftringe. Die gibt es in unterschiedlichen Durchmessern. Mit Hilfe eines Papierbohrers hat man relativ schnell und einfach Löcher in die Hefte gemacht, um sie dann mit den Heftringen zu verbinden. Das wäre eine schnelle Variante, die vielleicht nicht so elegant ist wie eine koptische Bindung, aber auf jeden Fall funktioniert, falls die Hefte sich nur schwierig mit Nadel und Faden zu einem Buch vereinen lassen.
Liebe Grüße,
Gerdi
Liebe Gerdi,
AntwortenLöschenganz wundervolle Bücher, die uns da zeigst - die Verwendung der hübschen Origamipapiere - toll. Hoffentlich schaffe ich es einmal, mir selbst solch ein Kunstwerk zu machen!
Have a good time - all the time
Liebe Grüße
von
Sabine aus WO(rms)
Liebe Basteltante, höchlichst begeistert von Deinem /Eurem Blog und den wunderbaren Tutorials habe ich mich nun daran gemacht, french linked und kettle stitch zu verbinden wie hier gezeigt. Allerdings innen gefüllt mit weitaus zärterem Papier, aber auch bei mir fröhlich Lagen bunt ummantelt, die Idee gefiel mir so gut. Hier der link, alldieweil ich nicht auf pinterest bin: http://fredaimgarten.blogspot.de/2017/04/bucher-binden-fruhlingsbucher-kriegen.html Herzlichen Dank und Gruß, Eva
AntwortenLöschenLiebe Gerdi,ich habe deine tolle Anleotung schon lange gespeichert und möchte sie nun endlich ausprobieren. Allerdings habe ich ein paar Fragen dazu: Habe ich das richtig verstanden, dass ich die Deckel auch gleich groß wie die Lagen machen kann? Soll ich dann trotzdem mit 3mm Abstand in den Deckel stechen?
AntwortenLöschenIst die Kombination von French Stitch und Coptic Stich auch geeignet, wenn ich die koptische Bindung noch nie gemacvt habe oder ist das dann zu schwierig? Danke im Voraus!
Liebe Grüße Andrea
Hallo Andrea, ganz genau, du kannst die Deckel auch genauso groß schneiden wie das Papier. Wo du dann die Löcher einstichst, ist eigentlich egal, da du die Papierlagen trotzdem nach hinten zur Kante schiebst. Ich hoffe, das ist verständlich.
LöschenNatürlich kannst du diese Kombi ausprobieren, wenn du noch keine koptische Bindung gemacht hast. Sie ist nicht schwer und Übung macht den Meister. :)
Liebe Grüße, Gerdi