Samstag, 26. Januar 2013

[Anleitung] Kasten

Buchbinder stellen nicht nur Bücher her. Zwischenzeitig fast schon in Vergessenheit geraten, gehört auch das Anfertigen von Kästen zu den Aufgaben eines Buchbinders. Wie das geht, möchte ich hier zeigen.

Wir brauchen hierzu:
  • Graupappe (auch Buchbinderpappe genannt) in 2,5 mm oder 3 mm Stärke
  • Buchbinderleim (auch Lumbeckleim genannt - ich verwende Planatol BB)
  • Kaschierleim (ich verwende Planatol Elasta N)
  • Buchbinderleinen
  • Papier zum Beziehen und Ausfüttern des Kasten
  • (Leim-)Pinsel
  • Schere
  • Cutter
  • Lineal
Zuerst sollte man sich überlegen, wie groß man den Kasten haben möchte. Die lichten Innenmaße für die Länge und die Breite ergeben dann die Maße für den Boden. Die beiden Längsteile werden auf die selbe Länge und die (Außen-)Höhe des Kasten geschnitten. Die Stirnseiten haben ebenso die (Außen-)höhe und die Breite plus zweimal die Dicke der Pappe.

Zum Zuschneiden der Teile empfielt es sich, die Maße erst anzuzeichnen

Teile angezeichnet
Hat man dies getan, dann kann man die einzelnen Teile mithilfe von Lineal und Cutter ausschneiden. Dabei sollte man darauf achten, den Cutter möglichst senkrecht zu halten. Meist kann man die Pappe nicht in einem Durchgang schneiden, da sie zu dick ist. Dann schneidet man gegebenfalls mehrmals bis der Schnitt durch die ganze Dicke der Pappe durchgeht. Es ist dabei ratsam, den Cutter immer in einem Zug vom Anfang bis zum Ende des Schnitts durchzuziehen, damit man eine möglichst glatte Kante bekommt. Alternativ kann man in einem Bastelladen in der Nähe nachfragen, ob diese eine "Pappschere" haben und mit dieser die Pappe schneiden (lassen). Auch ein Plan- oder Stapelschneider, die man teils auch in Bastelläden oder aber in Buchbindereien findet, leistet eine große Hilfe für saubere und genau geschnittene Teile.

Teile geschnitten
Zum Zusammensetzen des Kastens benötigt man einen Leim, der schnell abbindet und eine hohe Klebkraft besitzt. Ich verwende hier "Planatol BB", es gibt jedoch auch Leime von anderen Herstellern, die oft als Lumbeckleim oder aber einfach als Buchbinderleim bezeichnet werden. Bei verschiedenen Hobbyversendern, bei eBay oder beim Fachhändler wird man hier fündig.

Lumbeckleim
So wie die Teile auf dem obigen Foto liegen wird schon recht deutlich, wie sie am Ende zusammengefügt werden. Doch zunächst müssen alle Kanten des Bodens und die schmalen Kanten der Längsseiten mit Leim bestrichen werden.

zu bestreichende Kanten

mit Leim bestrichene Kante
Nun sollte man zügig weiterarbeiten, denn der Leim bleibt nicht allzu lange verarbeitungsfähig. Nacheinander stellt man die Seitenteile auf, wobei man mit einer Schmalseite beginnt und diese zentriert gegen den Boden drückt. Eine der beiden Länsseiten wird auch aufgerichtet und gegen die Schmalseite und den Boden gedrückt.


Als nächstes wird die zweite Längsseite aufgerichtet und ihrerseits gegen Boden und Schmalseite gedrückt.


Zuletzt wird die zweite Schmalseite so gegen den Kasten gedrückt, dass sie bündig mit den Längsseiten abschließt. Nun drückt man den Boden noch nach unten und drückt die Seitenteile an die Kanten des Bodenteils.


Dieses Gebilde muß nun trocknen (am besten über Nacht)


Ist der Leim getrocknet, dann kann man das Schmierpapier entfernen und erhält so den "Rohbau" des Kastens.

Doch dieser ist noch nicht sonderlich stabil. Zum Stabilisieren schneiden wir aus dem Buchbinderleinen etwa 2-3cm breite Streifen (am besten auch mit Cutter und Lineal oder falls vorhanden auf einem Hebelpapierschneider). Zum Anleimen der Leinenstreifen verwenden wir einen sogenannten Kaschierleim (z.B. Planatol Elasta N, den ich mit etwas Wasser erst verdünnen muss), dabei ist darauf zu achten, dass der Leim gleichmäßig und nicht zu dick aufgetragen wird. Zunächst werden die Schmalseiten verstärkt indem man einen Leinenstreifen um die gesamte Kante der Schmalseite herumlegt.






Um den Streifen um die Kante herumlegen zu können, müssen an den beiden Ecken je zwei kleine Stücke herausgeschnitten werden.


Nun kann man das Leinen um die Kanten umlegen, wobei man am Boden anfängt und dann die beiden Seiten umschlägt.


Aus den überstehenden Enden schneidet man wieder eine Ecke aus und schlägt die beiden Teile dann ins Innere des Kasten.



Diese Vorgänge wiederholt man für die zweite Schmalseite. Für die Längsseiten schneidet man dann noch einen Leinenstreifen zurecht, der zwischen die bereits vorhandenen Streifen der Schmalseiten passt und klebt ihn über die noch freie Kante.



Man erhält dan einen Kasten, der bereits sehr stabil aber noch recht unansehnlich ist.


Nachdem das Grundgerüst nun steht, geht es an's Verschönern unseres Katens. Zuerst werden die Außenseiten bezogen. Dazu suchen wir uns ein schönes Papier aus. Ein bildliches Motiv macht dabei naturgemäß mehr Arbeit, als ein "einfaches" Muster. Für unser Beispiel habe ich zwar ein Motiv mit Bildern gewählt, dieses Papier aber so verarbeitet, als wäre es ein normales Muster.


Zunächst werden die Papierstücke abgemessen. Sie sollten etwa 1,5 bis 2cm höher als der Kasten sein und in der Breite so, dass sie in den Kasten hinein passen. Man kann sie auch etwas breiter machen, um die Streifen vom Leinen möglichst schmal zu halten, hat dann aber später mehr Arbeit. Um das zu verdeutlichen habe ich hier die Stücke eher breiter zugeschnitten. Nun schmiert man die Rückseite des Bezuges für die erste Seitenwand mit Leim an und legt sie passgenau auf. Nachdem man sie angestrichen hat falzt man den Überstand um.


Hat man die Breite nun so bemessen, dass der Bezug in das Innere des Kastens passt, dann kann man ihn einfach in den Kasten hinein einschlagen. In unserem Fall müssen erst noch Einschnitte gemacht werden.


Nun schlägt man den Bezug ins Innere des Kastens ein und entfernt die überstehenden Streifchen mit einem scharfen (Cutter-)Messer. So verfährt man mit allen vier Seitenwänden. Dabei streicht man das Bezugspapier immer wieder fest, wobei ein Falzbein von Vorteil aber nicht unbedingt nötig ist.

Als nächstes wird der Kasten gefüttert. Auch hierzu misst man das Papier ab und schneidet es zu. Für die langen Seiten muss das Papier an beiden Seiten etwa 1,5 cm breiter sein und so hoch wie der Kasten, der Bezug beginnt etwa 1cm unterhalb des Randes und so entsteht auch an der Unterseite ein Überstand.



Diese Zugaben werden nachher umgeschlagen, deshalb muss man das Papier für die langen Seiten so einschneiden, dass man die Seiten umklappen kann, was man auf dem folgenden Bild am besten erkennen kann.


Hier ist das Papier bereits angeleimt. Ist man so weit, dann wird der Bezug mittig auf eine lange Seite gelegt und zum Rand des Kastens besagter 1cm Platz gelassen. Man streicht den Bezug auf der langen Seite glatt bis in die Ecken hinein, wobei man dort die Überstände an die Nachbarseiten andrückt.



 Dies wiederholt man für die zweite Längsseite


Nun wird das Papier für die beiden Schmalseiten zugeschnitten. In der Höhe soll es so hoch wie der Kasten sein, und in der Breite soll es in den Kasten hinein passen. Dieses wird auch mit Leim bestrichen und auf die Innenseite der Schmalseiten (eine Seite nach der anderen) geklebt, wobei man auch 1 cm zum Rand des Kastens Luft lässt und den Überstand zum Boden umschlägt (an den Seiten gibt es hier ja keine Überstände).

Zum Schluss wird ein Stück Papier so zugeschnitten, dass es leicht in den Kasten hinein passt und den Boden bedeckt. Ist dieses angeleimt, dann wird damit der Boden beklebt.

Hierzu beginnt man an einer Seite und streicht das Papier zur anderen Seite hin glatt. Es soll nun an keiner Stelle mehr die Oberfläche der Pappe zu sehen sein.


Es war vielleicht etwas mühsam, aber man erhält als Lohn ein Kästchen, das man selbst gemacht hat, und das es nur ein einziges Mal gibt. Für einen Deckel kann man einen zweiten Kasten anfertigen, der so viel größer ist, dass er mit etwas Spiel über den ersten Kasten geht. Das ist am Anfeng etwas schwierig und auch nur schwer zu erklären; im Grunde muss der Boden des Deckels als Maß die Außenmaße des ersten Kastens plus ein Millimeter je Seite haben. Hier wird man aber schnell aus Erfahrung lernen und so beim zweiten oder dritten Versuch gute Ergebnisse erzielen, also dabei bloß nicht entmutigen lassen. Zum Schluss zwei Bilder des eben hergestellten Kasten:



Schreibt mir doch Eure Erfahrungen beim Basteln Eurer Kästen.

Bis bald,

Euer Bücheronkel

11 Kommentare:

  1. Hallo Bücheronkel,

    vielen Dank für diese tolle Anleitung! Genau sowas such ich schon eine ganze Weile.
    Ich möchte für eine Kommode mehrere mit Papier bezogene Schubladen fertigen, die allesamt dekorativ aber eben auch stabil sein sollen.
    Wird bestimmt noch etwas dauern, aber wenn es Ergebnisse zu zeigen gibt, werde ich sie dir nicht vorenthalten :-)

    Liebe Grüße
    Zuckerina

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gerade für sowas ist die Methode auch prima geeignet, das stimmt. Ich freue mich auf Deine Ergebnisse.

      Löschen
  2. Wow, ich bin wirklich beeindruckt!
    Richtig hübsch :)
    Und die Anleitung ist toll, so genau erklärt und dann noch zu jedem Schritt ein Bild!
    Vielen Dank :)

    Lieben Gruß
    Sarah
    http://sapri-design.blogspot.de/

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke.

      Zwar wird die Anleitung dadurch etwas länger, aber ich möchte gerne dem Laien etwas an die Hand geben, mit dem er auch etwas anfangen kann. Weitere Anleitungen zu buchbinderischen Themen schwirren schon in meinem Kopf herum ;)

      Auch Dir einen lieben Gruß

      Löschen
  3. Ich verstehe nur Bahnhof. Bin einfach zu ungeschickt. Ich muss mir wohl einen Bastelkurs suchen und das "Live"-Lernen. Aber danke für deine Anleitung, die jeder online und umsonst haben kann. Großartige Sache: Wissen teilen.

    AntwortenLöschen
  4. Danke für die sehr ausführliche Anleitung, war alles sehr klar nachzuvollziehen - und eine hübsche Kiste habe ich jetzt auch :-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Anna,
      vielen Dank für Deine Rückmeldung. Vielleicht möchtest Du ja Deine Ergebnisse mal zeigen?

      Löschen
  5. Sehr schöne Anleitung! Ich hätte nur eine Frage, was ist der unterschied zwischen den beiden Klebern ?
    VG Bettina

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Bettina,
      schön, dass Dir die Anleitung gefällt. Der Unterschied, oder besser die Unterschiede sind folgende: Planatol BB hat eine stärkere Klebkraft und bindet schneller ab, wodurch er ideal für das Zusammensetzen des Kastens ist, da dort die Klebefläche eher gering ist, und man so schnell mit der Arbeit fortfahren kann. Planatol Elasta N hat eine etwas geringere Klebkraft, bindet dafür aber nicht so schnell ab. Dadurch eignet er sich ideal für vollflächige Verklebungen, die noch etwas länger bearbeitbar sein sollen, damit man beispielsweise Luftblasen besser heraus streichen kann.

      Löschen

Wenn du auf diesem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in unserer Datenschutzerklärung (https://lost-im-papierladen.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google (https://policies.google.com/privacy?hl=de).

Die Sicherheitsabfrage dient zur Reduzierung von Spam-Kommentaren und ist leider unumgänglich, da sich sonst leider zu viel Spam anhäuft. Wir bitten um Verständnis.

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...